Was ist eigentlich Segelfliegen?

Laut Brockhaus eine Form des motorlosen Fliegens. Aus flugmechanischer Sicht ein Gleitflug, bei dem aufsteigende Luftbewegungen zum Höhengewinn ausgenutzt werden. Die Faszination des Segelfliegens vermag diese technische Definition jedoch nicht zu erklären.

Helmut Reichmann – zweimaliger Segelflugweltmeister – hat es einst so formuliert:

Der Wunsch nach freier Bewegung im Raum, der alte Traum des Fliegens, hat im Segelflug sicher seine schönste Erfüllung gefunden. Dem Segelflieger offenbart die Natur eine Welt, die noch vor Jahrzehnten unerreichbar schien. Eine Welt gewaltiger Kräfte, sanft oder wild, großartig und geheimnisvoll. Er verbündet sich mit ihr, fliegt in ihr, versucht sie zu ergründen und ihre Dynamik zu nutzen. Die Last des Alltäglichen bleibt weit unten zurück, erscheint klein und unbedeutend, die Flügel machen frei.

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Wahrscheinlich gibt es nur wenige Sportarten deren Erfolg in so hohem Maße außer der körperlichen Leistung das Erkennen von Naturvorgängen erfordert – eine Tatsache, die den Segelflug ganz besonders auszeichnet.

Wie funktioniert Segelfliegen?

Da ein Segelflugzeug keinen Motor hat, stellt sich die Frage, wie man damit in die Luft kommt. Dies geschieht in der Regel mit Hilfe einer Seilwinde oder eines Motorflugzeuges.

Beim Windenstart steht die Seilwinde fest am einen Ende des Flugplatzes, das Segelflugzeug am anderen Ende. Die beiden sind durch ein Stahlseil verbunden, welches die Winde anzieht und das Segelflugzeug damit in ihre Richtung beschleunigt. Durch die Geschwindigkeit entsteht am Profil der Flügel – den sog. Tragflächen – Auftrieb, der das Segelflugzeug in die Höhe transportiert. Mit 1000 m Seil werden bei dieser Startart je nach Windverhältnissen und Gewicht des Segelflugzeuges Höhen zwischen 350 m und 500 m erzielt.

Beim Flugzeugschlepp wird das Segelflugzeug mit einem Seil hinten an einem Motorflugzeug befestigt, welches dann mit seiner Kraft das Segelflugzeug mit in die Luft schleppt. Diese Startart ist teurer als der Windenstart, hat aber den Vorteil, dass der Pilot des Segelflugzeuges absolut flexibel ist, was die Höhe oder das Ziel des Schlepps angeht. Er kann also ausklinken, d.h. die Verbindung zum Schleppflugzeug trennen, wann und wo er will und ist nicht auf die flugplatznahe Gegend beschränkt. Dadurch hat er im Gegensatz zum Windenstart, der stets über dem Flugplatz endet, die Möglichkeit, sich in Gebiete schleppen zu lassen, in denen stärkere Aufwinde zu erwarten sind.

Befindet sich das Segelflugzeug dann in der Luft, ist seine Leistung ausschlaggebend dafür, wie weit es ohne weiteren Höhengewinn kommt. Für die Leistung eines Segelflugzeuges ist vor allem die Gleitzahl maßgebend, diese definiert, wie weit ein Segelflugzeug theoretisch bei ruhiger Luft gleiten kann. Eine Gleitzahl von 1:40 bedeutet zum Beispiel, dass ein Segelflugzeug aus 1 km Höhe 40 km weit kommt.

Segelflugzeuge haben je nach Alter und Bauart sehr unterschiedliche Gleitzahlen, so hat z.B. das älteste Segelflugzeug der LSG Weißenhorn eine Gleitzahl von 1:25, wohingegen das leistungsstärkste eine Gleitzahl von 1:47 hat. Aber auch Gleitzahlen jenseits der 1:60 sind schon längst nicht mehr unerreichbar.

Damit auch längere Strecken möglich sind, muss der Pilot während des Fluges immer wieder Höhe aufnehmen. Dies ist ihm in Aufwindfeldern möglich, welche Thermik genannt werden. Unter Thermik versteht man vertikale Luftbewegungen, die sich aus der unterschiedlich starken Erwärmung von Luftmassen ergeben. Der Erfolg des Segelfliegens hängt also vom Vorhandensein von Aufwind und nicht – wie oft fälschlich angenommen – vom Wind ab.

Am Ende eines jeden Segelfluges steht die Landung, welche im günstigsten Fall auf dem Heimatflugplatz erfolgt. Es kann aber auch passieren, dass einem Segelflieger die verbleibende Höhe nicht ausreicht um "nach Hause" zu kommen, was dazu führt, dass er "zu den Kühen" muss, das heißt, dass er irgendwo auf einer geeigneten Wiese außenlanden muss. Tritt dieser weniger günstige Fall ein, muss das Segelflugzeug auf einen Segelfluganhänger verladen werden und mit dem Auto zurück zum Flugplatz transportiert werden.

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